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...und endlich eine Fassade!
Leonardo, Michelangelo, Vasari

Eine Generation nach Filippos Tod wird die Laterne mit der riesigen Kugel aus vergoldeter Bronze gekrönt. Geschaffen hat sie der Bildhauer Andrea Verrocchio. Wahrscheinlich hat ihm dabei sein Lehrling assistiert - ein junger Mann namens Leonardo, der aus dem Städtchen Vinci gekommen ist. Er ist vor allem von Filippos Maschinen fasziniert und studiert sie im Detail.

Filippos Werk aber spielt noch eine andere, ganz überraschende Rolle beim Durchbruch der Renaissance: Der Astronom Paolo Toscanelli hatte ihn einst Mathematik gelehrt. Er bringt nun eine Bronzeplatte in der Laterne an, mit der er die Kuppel zu einer riesigen Sonnenuhr umfunktioniert. Toscanelli kann so die Sonnenstände genauer messen als je zuvor und damit die Navigation verbessern. Davon profitiert wiederum ein Seefahrer, mit dem Toscanelli regelmäßig korrespondiert, ein gewisser Christoph Columbus. Und so trägt Filippos Kuppel ihren kleinen Teil zur Entdeckung Amerikas bei.

Im Jahr 1515 ist Baccio d'Agnolo Capomaestro des Doms. Er beginnt an der Basis der Kuppel eine Loggia zu bauen. Deren Proportionen aber passen nicht recht. Michelangelo nennt sie mit beißendem Spott einen "Grillenkäfig" - und sie wird nie vollendet. Aber Michelangelo trägt nicht nur Kritik bei: sein berühmter David war eigentlich für den Dom gedacht. Und die Pietà, die er für sein eigenes Grab geschaffen hat, steht jahrhundertelang in einer Kapelle des Doms.

Die Kuppel war zunächst innen einfach weiß gestrichen - und über 100 Jahre lang blieb das so. Filippo selbst hatte sich hier Mosaike gewünscht, wie im Baptisterium. Ab 1572 aber wird die Kuppel ausgemalt - und es ist niemand anders als Giorgio Vasari, der den Auftrag dafür bekommt. Filippos Biograph und Bewunderer darf nun selbst dessen Kuppel verzieren!

Das Bild gilt als das größte christliche Fresko der Welt. Auf fast 4000 Quadratmetern nimmt es zumindest das Thema aus dem Baptisterium auf: das "Jüngste Gericht". Mittelpunkt ist wieder Christus als Weltenrichter, umgeben von Engeln. Einst lag im Zentrum des Altars eine Skulptur von Christi Leichnam. Damit war die Botschaft des Christentums unmittelbar anschaulich: wenn die Gläubigen ihren Blick vom toten Christus gen Himmel hoben, sahen sie den wieder auferstandenen Heiland in seiner Glorie. Zu seinen Füßen wird ihnen in drastischen Bildern ihre Zukunft vor Augen geführt: die Hoffnung auf das Paradies und die Furcht vor der Hölle.

Acht Jahre später verändert sich das Äußere des Doms noch einmal: Francesco de' Medici lässt in einer einsamen Entscheidung die halbfertige Fassade von Arnolfo di Cambio entfernen. Eigentlich will er eine neue bauen lassen - aber dazu kommt er nicht mehr. Dreihundert Jahre lang zieren den Dom von Florenz deshalb nur nackte Ziegelwände, vor die die Florentiner große, bemalte Tücher hängen.

Wieder und wieder debattieren und streiten sie über eine neue Fassade. Aber erst nachdem Florenz im neunzehnten Jahrhundert Teil des neuen Königreiches Italien geworden ist, kommt man endlich zu einem Ergebnis. 1887 stellt schließlich Emilio de Fabris die heutige Fassade fertig. Er hat sich vor allem Giottos Glockenturm zum Vorbild genommen - und damit wieder einen Wettbewerb gewonnen.

Bis heute ist der Dom das spirituelle Herz der Stadt. Er verkörpert den einzigartigen Geist von Florenz. Die Kathedralen des Mittelalters waren erfüllt von einer mystischen Atmosphäre, Ausdruck der Hoffnung auf ein besseres Leben im Jenseits. Der Dom von Florenz dagegen ist von Licht erfüllt und der Welt zugewandt. Sein größtes Kunstwerk ist eigentlich eine brillante Ingenieursleistung - und auch die Kunstwerke im Inneren feiern bedeutende Menschen.

Zunächst die Erbauer des Doms selbst: Arnolfo di Cambio und Emilio de Fabris, Giotto und natürlich Filippo Brunelleschi. Daneben zwei große Fresken: Paolo Uccello zeigt Giovanni Acuto. Der hieß eigentlich John Hawkwood, stammte aus England und wurde ein großer Heerführer in Diensten der Florentiner. Gleich daneben Niccolò da Tolentino, gemalt von Andrea del Castagno. Auch er war ein erfolgreicher Feldherr, der sich um die Stadt verdient gemacht hat.

Auch der Glaube hat sich verändert. Das zeigen zwei Kunstwerke, die die Gläubigen förmlich einrahmen. Über dem Hauptportal ein Mosaik aus der Zeit Arnolfo di Cambios. Es zeigt die Gottesmutter Maria, die von ihrem Sohn Jesus bekrönt wird. Ihr gegenüber ein leuchtendes Fenster hoch über dem Altar, das einzige "Auge" des Tambours, das man beim Eintritt in die Kirche sieht. Es stammt von Donatello - und auch er zeigt die Krönung der Maria.

Am Anfang und im Herzen der Kirche steht also die Mutter Gottes. Sie wurde auch im Mittelalter verehrt - jetzt aber wird ihre Botschaft neu verstanden: Maria ist ein Mensch, von Gott auserwählt. Den Menschen selbst ist also die Kraft verliehen, die Welt zu verändern. Und diese Erkenntnis war die Inspiration für die unsterblichen Meister, denen wir den Dom und all seine Kunstschätze verdanken - den Dom, der die Größe einer einzigartigen Stadt feiert und zugleich die Geburt einer neuen Epoche.